Pfarre St. Veit i.d.Ggd.: Kirchengeschichte
Kirchengeschichte: Bau- und Ausstattung - Außenbau - Innenraum - Ausstattung - Karner

Der Karner

Südöstlich des Chorturmes steht wenig entfernt ein niedriger zweigeschoßiger Rundbau (Durchmesser 5,6 m) mit flacher, außen kaum vortretender Erkerapsis auf gestufter Konsole und neuzeitlichem westlichem Vorbau mit Freitreppe. Vorlaube und Rundbau sind schindelgedeckt, letzterer in Form eines geschweiften Kegeldaches mit anmutigem Dachreiter. Über dem Rundbogenportal ist ein römischer Inschriftstein eingemauert.

Das Gebäude ist wohl parallel zum romanischen Kirchenbau nach dem Vorbild von St. Marein bei Neumarkt um 1200 bzw. in derersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, also vor Erlangung voller Pfarrechte, als Karner errichtet worden. In seinem kuppelgewölbten Obergeschoß wurden Totenmessen abgehalten, während im großteils unter die Erde versenkten Untergeschoß nachbestattete Gebeine gesammelt wurden. Während die meisten Karner dem Seelenwäger Michael geweiht waren, trug der St. Veiter zumindest seit der Barockzeit das Patrozinium des hl. Bischofs Martin. Das heutige, von Freskenresten umgebene Altargehäuse auf einer gemauerten und vorspringenden Mensa, welche die Breite und Tiefe der Apsisnische völlig ausfüllt, hat laut Inschrift auf der Predella der Ortspfarrer im Jahr 1711 nach einer überstandenen Viehseuche errichten lassen. Bereits 1835 war der Karner ohne Dach und drohte einzustürzen. Zu Ende des vergangenen Jahrhunderts war er entweiht und wird seither als Aufbahrungshalle und Abstellkammer verwendet.

Der zweigeschoßige Pfarrhof östlich der Kirche ist 1861-64 neu erbaut worden.

Im Ortsbild finden sich auch mehrere Pfeilerbildstöcke, so am Westrand beim vlg. Scheuerer, am Hang nördlich der Kirche ein Kreuz zu Ehren des hl. Ulrich, am Nordostrand das vom akademischen Maler FRANZ WEISS renovierte Kreuz des Reinhold Fritz (mit Bildern der Namenspatrone seiner vier Töchter) und am Weg nach Kulm ein weiterer Pfeilerbildstock. Beim vlg. Hasenbacher steht ein um 1900 renoviertes Holzkreuz, bei dem die Pesttoten von 1715 begraben wurden (deshalb "Pestkreuz" genannt).

WÜRDIGUNG

Das Ensemble der Kirche mit Karner zu St. Veit in der Gegend verkörpert ein schönes und typisches Beispiel einer im Außenbau später kaum mehr veränderten spätromanischen Landkirche. Im Inneren besticht die reichhaltige und durchaus qualitätvolle Barockausstattung des 18. Jahrhunderts als sprechendes Zeugnis lebendiger Volksfrömmigkeit.

Wilhelm Deuer

Dieser Kirchenführer wurde herausgegeben mit Unterstützung von der Raiffeiseenbank Neumarkt - Scheifling und von Valentin Schaunigg, Kirchenmaler, Vergolder, Restaurator von Kunstgegenständen sowie gotischen und barocken Kirchenräumen, 8250 Vorau.

Christliche Kunststätten Österreichs,
Nr. 289 (D VERLAG ST. PETER - SALZBURG
1. Außage 1996
Herstellung: Salzburger Druckerei (Salzburger Preßvertrieb